ETFs konnten 2021 ihren Siegeszug in Deutschland fortsetzen. Deutsche Privatanleger hielten per Ende 2021 fast 150 Mrd. EUR in ETFs. Dies vergleicht sich mit knapp 100 Mrd. EUR im Vorjahr. Mehr als die Hälfte des Vermögens verwalten dabei aktuell Direktbanken (81 Mrd. EUR). Das Gesamtvolumen, das in Deutschland in ETFs investiert ist (private und institutionelle Investoren), stammt fast ausschließlich aus Aktien-ETFs (93 Prozent). Das sind einige Ergebnisse einer Untersuchung der ING Deutschland und Barkow Consulting auf Basis der Auswertung von Daten der EZB, der Deutschen Bundesbank, des BVI, extra ETF und eigener Recherchen.
„ETFs werden immer mehr zum Liebling der deutschen Privatanleger“, sagt Thomas Dwornitzak, Leiter Sparen & Anlegen bei der ING Deutschland. Rund 150 Mrd. EUR wurden per Ende 2021 von Privatanlegern in ETFs gehalten; allein über Direktbanken wurden davon im vergangenen Jahr mehr als 20 Mrd. EUR neu investiert. Die Entwicklung in Deutschland passt damit in das Gesamtbild in Europa. Europaweit hat sich das ETF-Volumen seit Ende 2014 auf aktuell rund 1,4 Bio. EUR mehr als vervierfacht. Bereits Ende Oktober 2021 zeichnete sich hier bei den Mittelzuflüssen institutioneller und privater Anleger in ETFs mit 167 Mrd. EUR ein neuer Rekordwert ab.
Eine wesentliche Rolle für die gestiegene Nachfrage nach ETFs dürfte auch die Suche nach Anlagealternativen im Niedrigzinsumfeld spielen. Damit setzt sich eine Entwicklung fort, auf die die ING bereits in einer früheren Studie hingewiesen hat: Die Deutschen passen ihr Anlageverhalten an und investieren so viel in Aktien wie noch nie. Dies zeigt sich auch in der Allokation der ETFs: So sind rund 93 Prozent der in Deutschland von institutionellen und privaten Investoren gehaltenen ETFs in Aktien bzw. Aktienindizes investiert.
In Deutschland zeigt sich das hohe Interesse privater Anleger an ETFs auch in der Auswertung entsprechender Suchanfragen im Internet. Per Ende 2021 wird bei Google der Begriff „ETF“ rund elfmal so oft gesucht wie „Tagesgeld“. Ein Treiber der Nachfrage war dabei die Corona-Pandemie. „COVID-19 hat wie ein Turbo für den deutschen ETF-Markt gewirkt. Mit dem ersten Lockdown im März 2020 sind die Suchanfragen sofort sprunghaft angestiegen. Ihren vorläufigen Höhepunkt haben sie während des zweiten Lockdowns Anfang 2021 gefunden“, sagt Thomas Dwornitzak.
Handel über Direktbanken
Privatanlegerinnen und -anleger nutzen in Deutschland vor allem Direktbanken zur Investition in ETFs. Über sie wird mit 81 Mrd. EUR mehr als die Hälfte am Gesamtbestand gehalten. Im Jahr 2021 verzeichneten sie Zuflüsse in Höhe von über 20 Mrd. EUR. Im gesamten Privatkundengeschäft lagen die Zuflüsse bei etwa 27 Mrd. EUR. Viele Direktbanken haben mit ihren ETF-Sparplänen ohne Kaufgebühren zusätzliche Anreize geschaffen, um für Kundinnen und Kunden den Einstieg zu erleichtern. So bietet die ING Deutschland neben einem kostenlosen Depot, ETF-Sparpläne ohne Kaufgebühren sowie Wertpapiersparpläne ab einem Euro im Monat an. Damit konnte die Bank die Anzahl der verwalteten Depots innerhalb von fünf Jahren auf zuletzt mehr als zwei Millionen fast verdoppeln.
Onlinevermögensverwalter, so genannte Robo-Advisor, wie der ING-Kooperationspartner Scalable Capital, machen mit einem ETF-Bestand von rund 13 Mrd. EUR etwa neun Prozent des deutschen Privatkundenmarktes aus. „Ob für Selbstentscheider oder im Rahmen einer digitalen Anlageberatung: Unser Angebot ist bewusst darauf ausgerichtet, das Wertpapiersparen möglichst einfach zu machen und unsere Kundinnen und Kunden zu befähigen, ihre Finanzen selbst in die Hand zu nehmen“, erklärt Thomas Dwornitzak. „ETFs sind durch ihre unkomplizierte Handhabung und ihre Transparenz bestens geeignet, um mit überschaubarem Aufwand am Finanzmarkt teilzunehmen und ein diversifiziertes Wertpapierportfolio zusammenzustellen. Ihre Bedeutung dürfte deshalb auch in Zukunft weiter zunehmen – bei der ING, aber auch im deutschen Markt insgesamt.“
West-Ost Gefälle bei Suchanfragen
Deutschlandweit sind die Suchanfragen bei Google nach „ETFs“ so stark gestiegen, dass sie für immer mehr Städte separat ausgewiesen werden können. Während sich 2007 mangels Nachfrage noch keine Zuordnung von Suchanfragen zu einer bestimmten Stadt vornehmen ließ, können 2021 insgesamt 41 Städte mit einem messbaren Online-Interesse an ETFs identifiziert werden. So verzeichnen Augsburg, München und Münster bei Google die höchste Anzahl an Suchanfragen.
Dabei wird deutschlandweit ein klares West-Ost-Gefälle sichtbar. Im Bundesländervergleich liegen die ostdeutschen Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen auf den hinteren Plätzen. Mit Dresden folgt im Städtevergleich erst auf Rang 21 eine ostdeutsche Metropole, Leipzig rangiert auf Platz 25. „Mit Blick auf das anhaltende Zinsumfeld sollten sich alle Menschen mit Anlagealternativen abseits des klassischen Sparens befassen“, so Thomas Dwornitzak. „Die Zahlen sind eine Indikation für das Potenzial, das ETFs in Deutschland trotz ihrer jüngsten Erfolgsgeschichte noch immer haben.“